Life Cycle Assessment

Denken in Lebenszyklen

Unter Lebenszyklusdenken oder auch Life Cycle Assessment (LCA), versteht man den Ansatz, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder einer Dienstleistung zu analysieren. Für das Durchführen einer Ökobilanz sind Prozesse, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Entsorgung oder zum Recycling des Produkts Untersuchungsgegenstand. Immer unter der Voraussetzung, dass Entscheidungen über dessen Gestaltung, Produktion, Nutzung und Entsorgung getroffen werden können. Das Ziel einer Lebenszyklusanalyse besteht darin, die gesamten ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung zu berücksichtigen, um nachhaltigere Entscheidungen treffen zu können. Es ist wichtig zu beachten, dass sich das "Lebenszyklusdenken" nicht nur auf die Umweltauswirkungen beschränkt, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen einbezieht. Lebenszyklusanalysen werden häufig im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung verwendet, da es ein wichtiges Instrument ist, um langfristige Folgen von Entscheidungen in der Produktentwicklung zu bestimmen und dabei den gesamten Wirkungsbereich von Produkte und Dienstleistungen zu betrachten.

Warum sind LCAs interessant?

Aktuelle erleben wir eine Entwicklung in Richtung nachhaltiges Management. LCAs können ein entscheidendes Instrument sein, um Prozesse in einer Unternehmung mit datenbasierter Grundlage ökologisch, sozial und auch wirtschaftlich zu verbessern. LCAs können helfen Möglichkeiten und Potenziale von Kreislaufwirtschaft zu identifizieren und ebnen den Weg zu einer nachhaltigeren Art des Wirtschaftens.

Cradle-to

Der gesamte Lebenszyklus eines vom Menschen hergestellten Produkts reicht von der Beschaffung aller für die Herstellung benötigten Materialien, über die Herstellung, die Nutzung, bis hin zur Entsorgung, wenn es nicht mehr verwendet wird. Dies bedeutet von der Geburt eines Produkts bis zu seinem Tod. Daher wird diese Art der Betrachtung oft als Cradle-to-Grave bezeichnet, wobei die Wiege - Cradle - die Herstellung des Produkts darstellt und das Grab - Grave - für die Entsorgung steht. Einige Lebenszyklen konzentrieren sich auf den Prozess der Produktherstellung (bis zum Verlassen des Werks) und haben daher eine Cradle-to-Gate-Betrachtung, wobei sich das Wort Gate auf das Werkstor bezieht. Wenn wir weiterdenken, könnten wir über Alternativen zum "Grab" nachdenken, sprich über Alternativen zu linearen Lebenszyklen. Das könnte eine Art von Recycling bedeuten oder die Rücknahme des Produkts und die Wiederverwendung (zirkuläre Lebenszyklen). Das vollständige Recycling von Produkten wird auch als das Cradle-to-Cradle bezeichnet.

Wichtige Lebenszyklusphasen von Produkten

Für wen sind LCAs interessant?

Das Denken in Lebenszyklen und die dadurch gewonnen Informationen sind für eine Vielzahl von Interessengruppen von Bedeutung, darunter:

  • Unternehmen: Indem sie den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte und Dienstleistungen berücksichtigen, können Unternehmen Möglichkeiten zur Verringerung der ökologischen und sozialen Auswirkungen, zur Steigerung der Effizienz und zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erkennen.
  • Politik: Das Lebenszykluskonzept kann politischen Entscheidungsträgern helfen, Möglichkeiten zur Verringerung der gesamten ökologischen und sozialen Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten zu erkennen.
  • Verbraucher: Sie können fundierte Kaufentscheidungen treffen, die die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Wahl berücksichtigen.
  • Wissenschaft: Das Denken in Lebenszyklen bietet einen Rahmen für das Verständnis der umfassenderen Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen, was Forschern helfen kann, Möglichkeiten für Innovationen und Verbesserungen zu erkennen.

Das Lebenszykluskonzept ist ein leistungsfähiges Instrument für das Verständnis und den Umgang mit den ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen. Es kann Entscheidungsträgern helfen, datenbasiert Entscheidungen zu treffen.

Leontief Input Output Modell

Das Leontief-Input-Output-Modell kann als Grundlage für Lebenszyklusanalysen (LCA) verstanden werden. Das Modell stammt ursprünglich aus der Volkswirtschaftslehre und wird seit 1970 für Makro-Analysen verwendet. Im letzten Jahrzehnt wurde die Lebenszyklusanalyse immer öfter im Industriedesign oder in der Produktentwicklung eingesetzt. Zu den grundlegenden Aspekten des Leontief IO-Modells gehören die Verwendung von aggregierten Daten auf Sektorebene zur Quantifizierung der Umweltauswirkungen oder ökonomischen Kosten, die Fähigkeit zur Schätzung der zusätzlichen Produktion, die in allen Wirtschaftssektoren erforderlich ist, um Produktionssteigerungen in einem bestimmten Sektor zu unterstützen, und die systematischen Instrumente, die für integrierte Umweltanalysen verwendet werden können. Daher bietet das Leontief IO-Modell einen Rahmen für das Verständnis der Umweltauswirkungen, Kostenauswirkungen und sogar sozialen Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder einer Dienstleistung.

Die funktionale Einheit

Die Definition von Ziel und Umfang eines LCAs ist immer der erste Schritt bei dem Vorhaben Umweltauswirkungen messbar zu machen. Dies beinhaltet die Zieldefinition der Systemgrenzen (technisch, räumlich und zeitlich), die funktionale Einheit (Bezugseinheit im Systemvergleich), Regeln und Annahmen, Datenbeschaffung, Art der Wirkungsabschätzung und Bewertung sowie die Zielgruppe(n), welche letztendlich den LCA-Bericht lesen und verstehen sollen.

Die funktionale Einheit wird als Bezugsgröße für den Vergleich der Auswirkungen verschiedener Produkte oder Dienstleistungen verwendet. Der Umfang umfasst die Phasen, die nach ISO 14040 durchlaufen werden müssen. Darunter fällt die Definition von Ziel und Umfang, die Sachbilanzerstellung, die Wirkungsbilanzerstellung und die Auswertung. Es ist wichtig, dass bei der Definition von Ziel und Umfang einer Ökobilanz die angewendeten Methoden wissenschaftlich begründet sind, dem Stand der Ökobilanz-Technik entsprechen, die verwendeten Daten in Bezug auf das Studienziel hinreichend und zweckmäßig sind, und dass der Bericht transparent und in sich stimmig ist.

Im Kontext von LCAs beziehungsweise Ökobilanzen bezieht sich die funktionale Einheit auf die quantifizierte Definition eines Produktsystems, die es ermöglicht, die Umweltauswirkungen verschiedener Produkte objektiv zu vergleichen. Sie dient als Bezugsgröße für den Vergleich der Umweltauswirkungen verschiedener Produkte oder Dienstleistungen und umfasst normalerweise eine bestimmte Menge an Input oder Output. Die funktionale Einheit wird erhoben, indem definiert wird, welche Lebensphasen Teil der Untersuchung sind und was als funktionale Einheit betrachtet wird. Dies kann beispielsweise die Produktion bis zur Entsorgung eines Produkts sein und normalerweise eine bestimmte Menge des Produkts oder seiner Funktion umfassen.

Durchführung von LCAs

Der LCA-Prozess ist in der Regel in vier Hauptphasen unterteilt:

Das Erstellen von Lebenszyklusanalysen ist ein komplexer Prozess, wobei Forscher und Organisationen leicht unterschiedliche Methoden anwenden können. Dennoch ist es in diesem Kontext gegeben, dass die Genauigkeit einer Lebenszyklusanalyse von der Qualität und Vollständigkeit der verwendeten Daten abhängt.

Beispiel: Auto

Das Ziel eines Lebenszyklus-Assessments (LCA) für ein Auto könnte beispielsweise sein, die Umweltauswirkungen des gesamten Lebenszyklus eines Autos zu quantifizieren, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Optimierung von Umweltleistung und Ressourceneffizienz zu schaffen. Dies schließt die Produktion, Nutzung und Entsorgung des Fahrzeugs ein.

Systemgrenzen

  • Technisch: Vom Rohstoffabbau bis zur Schrottaufbereitung.
  • Räumlich: Global, um alle relevanten Umweltauswirkungen zu erfassen.
  • Zeitlich: Vom Rohstoffabbau bis zur kompletten Entsorgung des Fahrzeugs.

Funktionale Einheit für das Auto-LCA

Die funktionale Einheit könnte die Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines durchschnittlichen Autos sein, das eine bestimmte Laufleistung, beispielsweise 150.000 Kilometer, erreicht. Die Menge des Autos könnte in Einheiten wie Kilogramm CO2-Äquivalente oder Umweltpunkte ausgedrückt werden.

Regeln und Annahmen

  • Das Auto wird für 150.000 Kilometer genutzt.
  • Die durchschnittliche Lebensdauer des Autos beträgt 10 Jahre.
  • Die Materialzusammensetzung des Autos basiert auf industrieüblichen Standards.

Datenbeschaffung

Daten werden aus verschiedenen Quellen gesammelt, einschließlich der Lieferketten für Rohstoffe, der Fahrzeugproduktion, der Nutzung und der Entsorgung. Umweltwirkungsdaten könnten durch Ökobilanzen von Materialien, Herstellungsprozessen und Treibstoffen abgeleitet werden oder durch die Nutzung von sogenannten Prozessdatenbanken vervollständigt werden.

Art der Wirkungsabschätzung und Bewertung

Berücksichtigung von Treibhausgasemissionen, Ressourcenverbrauch, Luft- und Wasserverschmutzung sowie anderen relevanten Umweltauswirkungen. Verwendung standardisierter Methoden wie die der Internationalen Organisation für Normung (ISO) für die Bewertung.

Zielgruppe

Hersteller, um umweltfreundlichere Design- und Produktionsentscheidungen zu treffen. Verbraucher, um informierte Entscheidungen über den Umweltfußabdruck ihres Fahrzeugs zu treffen. Regulierungsbehörden, um umweltfreundliche Standards zu entwickeln und durchzusetzen.

Product Carbon Foodprint & LCA

Die ISO-Norm für die Durchführung einer Product Carbon Footprint (PCF)-Bewertung von Lebensmitteln ist ISO 14067:2018 "Carbon Footprint of Products - Requirements and Guidelines for Quantification and Communication". Diese Norm bietet einen Rahmen für die Quantifizierung des Kohlenstoff-Fußabdrucks von Lebensmitteln und für die transparente und konsistente Kommunikation der Ergebnisse. Sie enthält spezifische Anforderungen für die Lebenszyklusinventarisierung (LCI) und die Lebenszyklusfolgenabschätzung (LCIA) von Lebensmitteln und bietet Leitlinien für die Interpretation und Berichterstattung der Ergebnisse.

Diese Norm stimmt mit den allgemeinen ISO-Normen 14040 und 14044 für Ökobilanzen überein und ist so konzipiert, dass sie in Verbindung mit diesen verwendet werden kann. Sie ist jedoch speziell auf die Lebensmittelindustrie zugeschnitten und konzentriert sich auf die Messung der Treibhausgasemissionen von Lebensmitteln, mit dem Ziel, ein Mittel zur Kommunikation des Kohlenstoff-Fußabdrucks der Lebensmittelprodukte an die Interessengruppen zu kommunizieren.

Schritte eines Product Carbon Foodprint nach der ISO-Norm 14067

Die ISO-Norm 14067 bietet einen Rahmen für die Durchführung einer Bewertung des Product Carbon Footprint (PCF), auch bekannt als Carbon Footprint of a Product (CFP), eines Lebensmittelprodukts. Die Norm gliedert sich in vier Hauptphasen, ähnlich dem allgemeinen LCA-Prozess:

Es ist wichtig zu beachten, dass die spezifischen Schritte je nach Art des Produkts und der Komplexität seines Lebenszyklus variieren können. Darüber hinaus sind in der Regel Fachkenntnisse in den Bereichen Ökobilanzierung und Quantifizierung des CO2-Fußabdrucks erforderlich, um diese Studien effektiv durchzuführen. Besonders bei skalierbaren und automatisierten Softwarelösungen ist darauf zu achten wie mit den Aspekten Unsicherheiten, Schätzungen (Primär- vs. Sekundärdaten), Vollständigkeit und Aktualität von Daten umgegangen wird.

Einschränkungen von LCAs

Die Lebenszyklusanalyse ist ein nützliches Instrument zur Bewertung der Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen, aber sie hat auch einige Grenzen. LCAs stützen sich auf Daten aus verschiedenen Quellen, einschließlich Daten über Energieverbrauch, Emissionen und Ressourcenverbrauch. Die Verfügbarkeit und Qualität der Daten kann jedoch eine große Einschränkung darstellen, da die Daten unvollständig, inkonsistent oder unsicher sein können. Dies kann zu ungenauen oder unzuverlässigen Ergebnissen führen und den Vergleich der Umweltleistung verschiedener Produkte oder Dienstleistungen erschweren. LCAs sind oft komplexe und zeitaufwändige Unterfangen, wodurch es oft notwendig ist Vereinfachungen und Annahmen zu treffen, um die Analyse handhabbar zu machen. Dies kann zu einem Verlust an Aussagekraft und Präzision bei den Ergebnissen führen und die Ermittlung der wichtigsten Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung erschweren. Hierbei ist es besonders wichtig, dass man darüber transparent berichtet. Der Umfang eines LCAs, die Grenzen des untersuchten Systems, und die funktionale Einheit können die Ergebnisse eines LCAs stark beeinflussen. Die Wahl der falschen funktionalen Einheit oder eines unzureichenden Umfangs kann zu ungenauen oder irreführenden Ergebnissen führen. Es ist wichtig, eine funktionale Einheit zu wählen, die die beabsichtigte Verwendung des Produkts oder der Dienstleistung repräsentiert, und den Umfang so zu definieren, dass alle relevanten Umweltauswirkungen berücksichtigt werden.