Unternehmen sind nun dazu verpflichtet, menschen- und umweltrechtlichen Pflichten nachzukommen. Damit soll erreicht werden, dass die Unternehmen selbst sowie auch ihre unmittelbaren Zulieferfirmen keine Menschenrechtsverletzungen (wie z.B. Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklaverei, Vorenthaltung von Entlohnung, fehlender Arbeitsschutz, etc.) und Umweltbelastungen (wie z.B. Umgang mit Quecksilber, Umgang mit verbotenen giftigen Chemikalien sowie kein sachgemäßer Umgang mit Abfällen) begehen oder unterstützen. Durch den Preisdruck bei eingekauften Komponenten, sind es vor allem die niedrigen Umwelt-, Sicherheits- und Menschenrechtsstandards, durch die Zulieferer bisher ihre niedrigeren Preise anbieten können.
Das Gesetz richtet sich an Unternehmen, die ihre Hauptniederlassung oder eine Zweigniederlassung nach § 13d HGB in Deutschland haben und mindestens 1000 Mitarbeitende in Deutschland beschäftigen. Beschäftigt ein Unternehmen mehr als 3000 Mitarbeitende, gilt das Gesetz bereits ab dem 01.01.2023, sonst ab dem 01.01.2024.
Grundsätzlich sind die Unternehmen durch das sogenannte Lieferkettengesetz dazu verpflichtet, in ihrer Lieferkette die vom Gesetz festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten einzuhalten. Zu den menschenrechtlichen Risiken nach dem LkSG zählen nach § 2 Abs. 2 folgende Verstöße:
Zu den umweltbezogenen Risiken nach § 2 Abs. 3 zählen folgende Umstände:
Nach der Beschreibung der Risiken folgt die Definition der Lieferkette, die Definition des eigenen Geschäftsbereiches sowie die Definition der unmittelbaren und mittelbaren Zulieferfirma.
Nach §§ 3-10 ergeben sich für Unternehmen folgende neun Sorgfaltspflichten:
Darüber hinaus werden in den §§ 23 und 24 Grenzen und Maßnahmen zur behördlichen Kontrolle und Prüfung sowie Sanktionen bei Nichteinhaltung definiert.
Zur Prüfung der Einhaltung und Umsetzung der Sorgfaltspflichten ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Für Unternehmen, die den Sorgfaltspflichten nicht nachkommen, drohen Bußgelder und Sanktionen. Die Behörde hat Kontrollbefugnisse, die beispielsweise das Betreten von Geschäftsräumen sowie die Einsicht in interne Dokumente umfassen. Möglich sind Bußgelder bis zu 8 Millionen Euro oder bei Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz bis zu 2% des jährlichen Jahresumsatzes. Grundsätzlich schreibt das Gesetz lediglich eine Bemühungspflicht vor. In § 3 Abs. 3 steht: „Eine Verletzung der Pflicht aus diesem Gesetz begründet keine zivilrechtliche Haftung.“ Das Unternehmen wird nicht dazu verpflichtet, tatsächlichen Erfolg in Bezug auf die Minderung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltbelastungen nachzuweisen. Lediglich muss eine Bemühung nach dem LkSG stattfinden. Jedoch spielt die Einhaltung solcher Maßnahmen auch weit über den gesetzlichen Rahmen hinaus eine große Rolle. Das Nichteinhalten der gesetzlichen Anforderungen kann erhebliche Reputationsrisiken sowie Wettbewerbsnachteile mit sich bringen.
Nach der Identifikation der liefernden Unternehmen und Bestimmung der jeweiligen Standorte erfolgt die Risikoanalyse als Kernstück des LkSG. Die abstrakte Risikoanalyse dient zur ersten Filterung und Zuordnung potenzieller Risiken. Dabei werden aufgrund standort- sowie produktspezifischer Standardwerte Risiken für die Verletzung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Faktoren abgeschätzt. Auf der Grundlage der abstrakten Risikoanalyse wird anschließend die konkrete Risikoanalyse durchgeführt. Diese lebt von dem Austausch mit potenziell risikobehafteten Lieferunternehmen und der Evaluierung tatsächlicher Risiken in Bezug auf die anzuwendenden Bereiche. Weitere Hauptbestandteile der Umsetzung des LkSG sind die Grundsatzerklärung und die Integration von Prävention- und Abhilfemaßnahmen für den Fall, dass Lieferanten nicht den Mindestscore erreichen. Die Wichtigkeit der Gesetzesinitiative wird durch die Notwendigkeit der Festlegung zuständiger Personen innerhalb des Unternehmens untermauert. Zur Vorlage bei Prüfinstanzen und für die Weiterführung in weiteren Iterationen ist eine umfassende und lückenlose Dokumentation über das Vorgehen und die Ergebnisse der LkSG-Umsetzung notwendig.
Setzt ein Unternehmen diese Schritte um, ist es compliant nach LkSG. Im Folgenden geben wir einen Vorschlag für die genauere Umsetzung des LkSG.
Das LkSG kann neben der Umsetzung gesetzlicher Anforderungen (Compliance) auch eine strategische Chance für Unternehmen darstellen. Dabei ist das Ziel, möglichst große Synergien gegenüber weiteren ESG-Regularien aus dem EU-Green-Deal zu identifizieren, um eine effiziente Umsetzung für KMU zu ermöglichen. Dadurch kann aus der gesetzlichen Anforderung des LkSG ein nützliches Tool zur Verbesserung des Verständnisses der eigenen Wirkungsbereiche und ESG-Auswirkungen werden.
Bei der Umsetzung des LkSG muss berücksichtigt werden, dass die Risikoanalyse nur so gut ist, wie die regelmäßige Pflege, die ihr widerfährt. Sie darf nicht als statisches, sondern muss als dynamisches Tool angesehen werden. Derzeit meistert sie den Spagat zwischen den gesetzlichen Anforderungen und den unternehmensspezifischen Bedürfnissen. In Zukunft wird sie jedoch gegebenenfalls weiteren Anforderungen gerecht werden müssen, die z.B. durch die CSDDD, der EU-Lieferkettenrichtlinie, entstehen. Die Verabschiedung des europäischen Liefergesetztes ist bereits erfolgt. Zur EU-Lieferkettenrichtlinie haben sich die EU-Mitgliedsstaaten am 15.03.24 geeinigt. Bereits im Dezember 2023 wurde ein vorläufiger Entwurf der CSDDD vorgelegt, jedoch fand dieser keine ausreichende Mehrheit. Somit wurde eine abgeschwächte Version der CSDDD vorgeschlagen, der nun zugestimmt wurde. Durch die Abschwächung wurde insbesondere der Anwendungsbereich verkleinert, was bedeutet, dass die Anzahl der betroffenen Unternehmen dadurch deutlich geringer ist. Diese Richtlinie betrifft nun Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Nettoumsatz von 450 Mio. Euro. Für Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 1000 und 3000 sowie einen jährlichen Umsatz zwischen 450 Mio. Euro und 900 Mio. Euro gelten die Regelungen der CSDDD voraussichtlich ab 2029.